Fiebriger Konsum
Überschuldung — Perpetuum Mobile fiebrigen Konsums. Eine Polemik.
Fiebriger Konsum
In einem früheren Beitrag habe ich auf den neuen Trend (Fractional Life) aus den USA hingewiesen, der u.a. propagiert, Hunde für einige Monate zu mieten und wieder zurück zu geben, wenn man ihrer überdrüssig wird. Fiebriges Wirtschaftswachstum verlangt nun mal nach fiebrigem Konsum und unsentimentaler Befeuerung desselben: mehr Konsumenten, mehr Konsum pro Konsument oder – optimal – gleich beides zusammen. Dass deshalb gerade auch junge Menschen immer mehr und möglichst früh zum Konsumieren verführt werden müssen, liegt also auf der Hand und im Trend. Kollateralschäden gilt es dabei in Kauf zu nehmen.
Kollateralschaden
Wegen zunehmender Überschuldung haben junge Stadtzürcher Erwachsene (22–26j) mittlerweile für durchschnittlich 4700 Franken Betreibungen am Hals, mehr als der Durchschnittsmonatslohn dieser Altersgruppe beträgt. Bei Konsumkrediten gehen die Forderungen bis zu 50 000 Franken pro Kopf.
Hilfe
In einer Förderungs‑, Beratungs- und Therapie-Gesellschaft werden die betriebenen Getriebenen selbstverständlich nicht sich selbst überlassen, sondern in spezialisierten Fachstellen von Fachberatern unter die Fittiche genommen. Im Erfolgsfall lernen sie dort, was im Elternhaus gelehrt werden müsste, dass man sich nämlich nicht alles leisten kann, was man sich wünscht. Diese “Nacherziehung” erfolgt in den meisten Fällen zu einem ordentlichen Honorar, welches den engagierten Helfern wiederum — Löhne sind schliesslich zum Ausgeben da — einen ordentlichen Konsum ermöglicht.
Doppelt profitabel
Das KAUFE JETZT — BEZAHLE SPÄTER Syndrom der jungen Erwachsenen befeuert also nicht nur deren Konsum, sondern auch den ihrer professionellen Helfer. Wirtschaftlich gesehen entpuppt sich der Kollateralschaden fiebrigen Wachstums also letztlich als doppelt profitabel, als eine Art wirtschaftliches Perpetuum Mobile. Faszinierend! Allerdings muss dieser gleichermassen genialen wie absurden Rahmenhandlung Sorge getragen werden (Werbung sei Dank), denn nichts wäre abträglicher, als rückläufigen Zahlen bei den jungen Verschuldeten.
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NZZ: Kaufe jetzt — bezahle später
NZZ: Das will ich aber
TA: Therapiewahn an Zürcher Schulen