Freiheit ist Abglanz ihrer Idee

Aus der Serie «Sprachperlen»

Nr14 Freiheit Sicherheit

Nr14 Frei­heit Sicherheit

(stu) Die­ses hoch­ge­stell­te, den gol­de­nen Schnitt oblon­gie­ren­de For­mat, das im ein­fa­chen drei­glie­de­ri­gen Grau­keil aus der Tie­fe des Anthra­zit zum mitt­le­ren Grau zum über­ra­gen­den Hell auf­stei­gend arran­giert ist und von einem schwar­zen Schma­len Rah­men von unten her halb­wegs, näm­lich exakt bis in das ver­mit­teln­de Feld des 50%-igen schwarz-weiss rei­chend, umfasst wird, ist rein for­mal und deko­ra­tiv beur­teilt Vie­les, das es nebst den Inhal­ten auch zu wür­di­gen gilt – was lei­der oft ver­ges­sen wird. Zunächst ist es ein fast pla­stisch zu emp­fin­den­des Tableau, das als ein dem ART DECO und dem BAUHAUSSTIL näher­ste­hen­des Object als Raum­schmuck und sogar als eigent­li­ches wand­glie­dern­des Ele­ment, einer Täfer­li­sene gleich, eine aus­ge­präg­te archi­tek­to­ni­sche Qua­li­tät besitzt und erfüllt. Über­dies reizt das eben­so als unfer­ti­ges oder in sei­ner Funk­ti­on rät­sel­haf­te Möbel, etwa als unvoll­ende­ter Para­vent oder als ein­füs­si­ger Lie­ge- oder Klapp­stuhl zu sehen­de Werk, die Lust der Betrach­ten­den zur Manipulation.

Man möch­te das Ding aus­ein­an­der klap­pen oder ent­fä­chern, bevor man sich über­haupt mit Ver­ständ­nis­sin­ni­gem abge­ben mag. Und schliess­lich- und damit betre­ten wir unver­se­hens eben doch schon die Inhalt­li­che, die aus­sa­gen­de Ebe­ne – kann man sich fra­gen, ob die­ses Tableau, das sich spon­tan auch als ein Über­rest eines ent­spre­chen­den Tri­pty­chons unse­rer Emp­fin­dung anzu­schmie­gen weiss, als ein rui­nen- und zei­chen­haf­tes MEMENTO MORI gedacht ist. Und gleich wei­ter mit der Jagd nach der tryp­ti­cho­na­len Drei­glie­de­rung – dreht man das Paneel um 90 Grad in die Waag­rech­te ent­deckt sich uns die Drei­tei­lung und wir ahnen, dass es hier um mehr geht als um die phi­lo­so­phisch gese­he­ne Bana­li­tät von Frei­heit ver­sus Sicher­heit. Denn allein schon die Ein­sicht, dass sich, da wir nicht allein auf der Welt leben, Frei­heit nur im Gemein­sa­men, also in einer zweck­ge­bun­de­ne und regu­lie­ren­den Eini­gung mit dem Rest der Mensch­heit, errei­chen lässt, macht klar, dass der Kunst­wer­ker in sei­nem ste­ti­gen und nicht nur in Num­mer 14 auf­leuch­ten­den Anmah­nen des ewi­gen Rah­mens des Seins, im Sein und als eigent­li­ches Sein eine viel tief­schich­ti­ger anzu­sie­deln­de fun­da­men­ta­le und des­halb prin­zi­pi­ell a prio­ri apo­li­ti­sche ENTITÄT sich selbst und allen­falls uns, den Betrach­ten­den, zum Aus­druck ver­hel­fen will. Eine WESENHEIT, die nach men­schen ermes­sen aller­dings unfass­lich und nur indi­rekt und ste­tig unvoll­stän­dig zum Bei­spiel durch das Vehi­kel der Kunst zu umschrei­ben ist.

An die­ser Stel­le ange­kom­men, schei­nen wir uns im Feld des Meta­phy­si­schen schwe­re­los und unge­rich­tet zu bewe­gen, als wären wir gei­sti­ge Embryo­nen im Frucht­was­ser der Phi­lo­so­phie. Dabei lässt sich doch schon im abso­lut Pro­sa­ischen der Neu­ro­lo­gie und der jün­ge­ren Hirn­for­schung ein phi­lo­so­phisch und kau­sal-logi­sches PARADOXON fest­ma­chen, das uns Maras schein­bar tri­via­len Aus­sa­gen explo­si­ons­ar­tig zum Hor­ror aus­wach­sen lässt. Mitt­ler­wei­le ist es wis­sen­schaft­lich unum­stöss­lich gesi­chert, dass wir, wenn wir eine bewuss­te Ent­schei­dung tref­fen, dies nur ver­meint­lich tun, weil eine neu­ro­lo­gisch nicht zu defi­nie­ren­de Instanz unse­res Zen­tra­len Ner­ven­sy­stems die­se Ent­schei­dung bereits einen win­zi­gen Zeit­raum zuvor schon getrof­fen hat, wir also nur aus­füh­ren was schon beschlos­sen war. Wenn wir uns dann auch noch den wis­sen­schaft­lich beschreib­ba­ren aber nicht wirk­lich ver­steh­ba­ren rela­ti­ven Cha­rak­ter der Zeit ver­ge­gen­wär­ti­gen und uns klar wird, dass ein uns win­zig zu erle­ben­der Zeit­ab­schnitt zur ange­nä­her­ten Unend­lich­keit auf­zu­de­fi­nie­ren ist, kön­nen wir das schreck­li­che Aus­mass im Kunst­ge­werk­ten Nr. 14 von Mara aus­zu­lo­ten begin­nen, wohl ahnend, dass dem Lot kein Grund beschie­den sein wird.

Gibt es Trost in die­ser Ein­öde der nicht­exi­sten­ten Frei­heit? Viel­leicht ansatz­wei­se dar­in, dass wirk­li­ches Ver­trau­en oder auch ech­te Treue sich zunächst die zweit­gröss­te Frei­heit lei­stet, näm­lich die der poten­ti­el­len Ent­täu­schung, des Miss­brauchs also des Ver­trau­ens, und im wei­te­ren beschenkt sie sich mit der aller­gröss­ten Frei­heit die es über­haupt gibt, die des Ver­zich­tes auf einen Teil ihrer selbst.

Frei­heit ist somit ohne­hin nur ein Abglanz ihrer Idee. (zum Werk)

Jul 2015, W. Stu­der

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