Neid leuchtet
Aus der Serie «Sprachperlen»
Dieses unmittelbar als fast biedermeieriges Mahn-Fingerlein daherkommende Werk lässt uns zunächst schmunzeln. Nicht zuletzt, weil die älteren unter dem Publikum diesen grün auslaufenden Popanz substantiell als jenen “Slimie” der 70er Jahre wiedererkennen, mit dem sich die Erinnerung an prächtigen und tendenziell unanständig ekligen Unfug einstellt. Und die etwas Jüngeren werden sich möglicherweise fragen, ob der Kunstwerker nicht vielleicht grüne Gummibärchen eingekocht habe, um diese Chemie verunfallte Masse zu erzeugen. Kurzum: alles hat auf Anhieb irgendwie putzig harmlose Eisenbahn-Anlage-Ausstrahlung. Ein kindlicher Charme, der sich jedoch bei näherer und längerer Betrachtung im eigentlichen Wortsinn als fragwürdig – nämlich der Fragen würdig – herausstellt:
Wer sind denn diese augenscheinlichen Normalos die hier als Randständige fungieren und warum sind sie dem zentralen Motiv, dem Haupt-Bildgegenstand, dem grünen Glibber eben weitgehend abgewandt platziert?
Es sind mitnichten die aus Armut Randständigen, sondern witziger Weise – so deklariert der Kunstwerker – die Superreichen. Die Happy Few also, die allerdings doch nicht immer so glücklich zu sein scheinen, wie es die breite Masse, die überwiegende Mehrheit der Menschen, glaubt. Reiche also, die sich, angewidert vom Neid der breiten Masse, abzuwenden scheinen? Oder wenden sie sich von den Folgen ihres Tuns bzw. Nichttuns ab, um in ihrer Idylle keine Gewissenstrübung erdulden zu müssen?
War’s das schon, was unser Kunstwerker uns vermitteln will oder sollen wir möglicherweise unsere und seine Primärdeutung zu hinterfragen versuchen? Ist hier etwa gar ein Moralisieren des üblichen, des gängigen Moralisierens hervorgelockt? Sollen wir unser eigenes Spiegelbild als Täuschung entlarven?
Kunst ist niemals sinnvoll oder eindimensional logisch oder eindeutig und vor allem unter keinerlei Umständen und zu keiner Zeit vollumfänglich bewusst – auch beim besten und ausgewiesenen Willen weder dem des Urhebers noch dem der Betrachter. Ergo schauen wir hin und fühlen wir und – wie gerne rate ich dieses an – DENKENWIR NACH!
Dem Kunstwerker ein Dankeschön für das neuerliche Ergebnis seines Tuns und dafür, dass wir jetzt wissen, dass Neid im Dunkeln leuchtet.
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