Unerträgliche Freiheit
Zunehmende Regulationswut und besorgniserregende Verstaatlichung des gesellschaftlichen Zusammenlebens — der nächsten Artikel aus der Artikel-Serie Rahmenhandlungen. Wie im Übersichtsartikel bereits angekündigt, soll hier das Konzept der Rahmenhandlung anhand von 7 konkreten Beispielen vertieft werden. Auch das heutige Beispiel aus dem Jahre 2007 habe ich wiederum aus dem bereits vorgestellten Werk [Nr18 Rahmenhandlung 5] entnommen:
S c h w e i z Täglich zwei neue Gesetzes-Vorschriften Schweizer Politiker beschliessen im Durchschnitt täglich zwei bis drei neue Vorschriften, sodass im Laufe des Jahres 2007 voraussichtlich weitere 750 neue Gesetzesvorschriften rechtskräftig werden... 01/2007 Facts
Das künstlerische Konzept der Rahmenhandlung
Wir erinnern uns: Das künstlerische Konzept der Rahmenhandlung deutet eine Handlung als von ihrem jeweiligen Rahmen abhängige (Ab-) Handlung. Diese geschieht demnach nicht einfach frei und unabhängig, sondern wird durch ihre gesellschaftliche, biografische und organische Vorgeschichte (ihren Rahmen) geprägt. Es handelt sich immer um eine Handlung im Rahmen — um eine Rahmenhandlung.
Auch die subjektive (Be-) Deutung einer Handlung wird durch ihren Rahmen geprägt. So erscheint dem subjektiven Betrachter eine Handlung erst dann bemerkenswert, wenn sich diese in einem bemerkenswerten Rahmen “abspielt”.
Die Freiheit und ihre Nebenwirkungen
Die Politiker in unserem Bespiel “handeln” demnach weniger eigenmächtig als vielmehr ohnmächtig “im Rahmen” fundamentaler Gegensätze der reichen, modernen Gesellschaft: Das wohlständige Leben der unzähligen Möglichkeiten gibt es — das ist lästig, aber evident — grundsätzlich nur zum Preis unzähliger Unsicherheiten. Freiheit kostet Sicherheit. Allgemein gültige Traditionen, Autorität und Religion wurden abgelöst durch individuelle Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Die Freiheit des Einzelnen, ein “eigenes Leben” zu führen wurde mehr — die Orientierungslosigkeit wurde es auch: Mittlerweile sind schätzungsweise drei Viertel der Bücher Ratgeber und das Helfer- und Wahrsager(un)wesen floriert. Der Freiheit Unsicherheit unerschrocken ins Auge zu blicken fällt offensichtlich schwer und bald schon sehnt sich der irritierte freie Mensch wieder nach Vertrautheit, Beständigkeit und Verlässlichkeit. Er reklamiert — folgerichtig und entmutigt — eine verbindliche Regelung der Freiheit. Und zwar schnell und notabene jenseits von Tradition, Autorität und Religion: Neue Gesetze müssen her!
Ohnmacht statt Eigenmacht
Nur wenige Politiker scheinen die zunehmende Regulationswut und besorgniserregende Verstaatlichung des gesellschaftlichen Zusammenlebens mit parteipolitischem Eifer und ohne Zweifel voranzutreiben. Die Mehrzahl wird sich vielmehr dazu gedrängt fühlen. Gedrängt fühlen “im Rahmen” einer verunsicherten freien Gesellschaft, die zunehmend den Halt verliert. Der Rahmen bestimmt die (Ab-) Handlung.
Ein- und Aussichten
Eine Handlung oder ein Geschehen als Rahmenhandlung zu betrachten, kann Ein- und Aussichten verändern: “Die da oben (in Bundesbern) machen sowieso was sie wollen”…bliebe demnach zu hinterfragen.
Das Konzept der Rahmenhandlung hat mein Kunstwerken stark beeinflusst, weshalb ich ihm einen eigenen Werkraum Rahmenhandlung geschaffen habe. Dort finden Sie einen generellen Überblick über das Konzept.
Alle Artikel der Serie
- Serie Rahmenhandlungen
- Gefangen in der Badewanne
- Unerträgliche Freiheit (Dieser Artikel)
- Alles psychisch!
- Untergang, Dichter und Hochstapelei
- Armer Hund
- Finale
Marco S.
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Vielen Dank für diesen Beitrag. Der süsse Duft der Freiheit, wie lange begleitet er die Menschen schon? Am ehesten seit Adam und Eva und er kommt selten allein. Denn die Folge auf Freiheit ist Angst vor der Unsicherheit. Freiheitskämpfer und Idealisten, für so manches wurde in der Vergangenheit im Namen der Freiheit gekämpft, nur um danach wieder neuem Platz zu geben welches die Freiheit auf andere Art beschnitten hat.
FERIEN. Die Schweizerinnen konnten darüber abstimmen, ob sie 6 Wochen Ferien möchten. Scheinbar griff die schiere Angst um sich was mit dieser vielen freien Zeit zu tun wäre, denn wir haben sie abgelehnt — zumindest vordergründig aus Wachstumsgründen.
ÄGYPTEN. Gekämpft haben sie auf den Strassen, für die Freiheit. Ihr Leben riskierten sie um Mubarak zu stürzen. Nach langem kämpfen war es geschafft. Nur um 1 Jahr später die demokratisch gewählten zu stürzen und das Militär einzusetzen welches sogleich den alten Peiniger für dessen Abgang man so geblutet hatte wieder freilässt.
Die Menschen kämpfen seit jeher für ihre Freiheit. Eine oft teuer erkaufte Freiheit und nicht selten, legen sie sich anschliessend selbst wieder in neue Ketten.