Buchensockel schwarz, Schweine Schleich® zersägt, Perlen auf Draht, 16x16x10cm (LxBxH), © mara 2015
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Inspiration
«Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen.» → Matthäus 7,6
Das Werk
<Nr48 Schweine vor die Perlen geworfen> ist ein weiteres Schaustück linguistisch eigenwilliger Interpretation des Hochdeutschen, eine Travestie über Schweine und Perlen. Kunstsprech: BOARBEADS-ART. → zum Werkkommentar
Klassifikation
<Nr48 Schweine vor die Perlen geworfen> ist ein Werk aus dem Werkraum Deutung (s.a. Nr42 Senkrechte Schweine)
Bekanntgabe
Jan 2015 → zum Artikel Schweine vor die Perlen geworfen
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Der Vater des Gedankens ist sein Sohn
Kommentar zum Werk Nr48
(stu) Wo immer Schweine sich manifestieren, sind die sprichwörtlichen Perlen, jene Perlen, die, wie es scheint weltweit und zu Hauf in stetigem Akkord vor die Schweine geworfen werden, nicht weit.
Es scheint im weiteren diese verfehlte Fütterung der armen Schweine mit dem ihnen absolut nicht verwertbaren und geniessbaren Perlen-Futter zwar kein Fall für Tierschützer zu sein, sind beim Sprichwort doch sinngemäss eher die Perlen im Zentrum des Interesses. Angezielt ist die Empörung darüber, dass wertvollen Perlen, in schnöder Missachtung ihres Wertes, den Schweinen, diesen edlen Werten gegenüber als empfindungslos stumpf behaupteten Wesen, als gerade noch gut genug für dieselben, vorgeworfen werden.
Dem sprichwörtlich immanenten Skandal, dass nämlich Perlen überaus wertvoll und Schweine im Gegensatz plump-dumpf marginale Wesen seien, dieser niemals Ausdruck findende stumm und tragisch stattfindende Ungerechtigkeit, verleiht SCHWEINE VOR DIE PERLEN GEWORFEN eine Stimme. Dies allerdings auch wieder irgendwie und irrwitzigerweise despektierlich. Denn letztlich werden die armen Schweine ungeachtet ihrer kulinarischen Hauptrolle und ihrem nicht zu überbietenden Nährwert den diesbezüglich wertlosen fadfarbenen Perlen, die sich scheints schon im schlechtesten Champagner aufzulösen pflegen, grob vor die unnütze und simpelst geformte Dinglichkeit ihrer Kugeligkeit geschmissen. Auch dies ein Skandal, eine Loos-Loos-Situation, der mindestens unterschwellige Häme anzukreiden ist.
Der Kunst- und Psyche-Werker leistet sich und uns die Weiterführung der COCHONNERIE. Gewiss! Er hat Gefallen gefunden an diesem fleischigen Thema und wir dürfen und sollen uns zunächst auch fragen, wie weit sich der Autor damit — bewusst oder unbewusst — selbst markiert, er damit seine Psyche zum Glashaus ausbaut. Künstlerisch wesentlich ist jedoch die Frage, ob er mit dieser thematischen Wiederholungstat eine künstlerische PHASE COCHON oder PHASE ROSE einführt?
Und wenn dem so wäre, müssen wir eventuell davon ausgehen, dass der Kunstwerker und Psychiater insofern auch noch wissenschaftlicher Ambition erlegen ist, als er Gevatter Freuds und Monsieur Piages entwicklungspsychologische Konzepte um eine hiermit postulierte SCHWEINISCHE PHASE zu erweitern sucht? Wir wissen es nicht und wir brauchen es auch nicht zu wissen, denn wir unbedarften psychiatrischen Laien wissen nämlich ohnehin längst, dass über weite Strecken das Leben insgesamt diesen Charakter aufweisen kann.
Das wohl wichtigste und den Kunstwerker wirklich bezeichnende Moment ist die unmittelbar nicht unbedingt augenfällige Aufforderung, Werte zu hinterfragen — und tun wir dies, sind wir unversehens Baumeister einer neuen Gesellschaft, einer neuerlichen aber besseren WERTEGESELLSCHAFT. Wie JOHANNES CHRYSOSTOMOS schon im 4. Jahrhundert erkannte:
« DER VATER DES GEDANKENS IST AUCH DESSEN SOHN »
Genau in diesem vexierbildlichen Sinne lassen die Produkte des Kunstwerkers sich messen und geniessen: sie lassen jeden Denk- und Fühl-Argwohn zu — vor allem aber auch die Lust an der Freude.
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