Acryl auf Schiefer, 30x16x10cm (LxBxH),
© mara 2015
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Inspiration
Sozusagen kinderleicht, — wenn auch nicht kinderfreundlich — entledigte sich die säkulare Konsumgesellschaft der christlich-hippokratischen Verantwortung ungeborenem Leben gegenüber: Sie überliess die lästige Schuldfrage beim Abtreiben allein der unerwünscht Schwangeren (Dein Bauch gehört Dir). Statt Mitbetroffenheit zu ertragen und Mitverantwortung (bis hin zur unbedingten Bereitschaft für eine allfällige subsidiäre Adoption) zu übernehmen, legalisierte man das Absaugen, Ausschaben und chemische Abortieren des/der Unerwünschten und machte sich auf dem Weg des geringsten Widerstandes und ‑Aufwandes gleichsam aus dem (ethischen) Staub. Das ist wohlfeil, liberal, politisch korrekt und das „Wegmachen“ dauert – ambulant und nach allen Regeln ärztlicher Kunst durchgeführt – meist nicht länger als zehn Minuten.
Neun Geburten — eine Abtreibung
Gemäss Bundesamt für Statistik gab es 2014 in der Schweiz 83’753 Lebendgeburten, 10’249 Schwangerschafts-Abbrüche und 383 Adoptionen, das heisst
> Auf 8.17 Geburten kam eine Abtreibung (Genf: jede fünfte)
> Jeder Adoption standen 26 Abtreibungen gegenüber
> Zwischen 1980 und 2014 ist die Zahl der Adoptionen kontinuierlich von 1583 auf 383 zurückgegangen. Die Bedeutung der Adoption und deren Rolle in der Familienpolitik sind gemäss Bundesrat marginal.
Das Werk
<Nr61 Kinderleicht» Soziale Interaktion wird nicht als losgelöste, unabhängige Einzelerscheinung interpretiert, sondern als von ihrem jeweiligen Rahmen abhängige Zeiterscheinung, eben als Rahmenhandlung. Sowohl das Abtreiben als auch das Werk selbst bekommt erst im jeweiligen Kontext seine Bedeutung.
→ zum Werkkommentar
Klassifikation
<Nr61 Kinderleicht> ist ein Werk aus dem Werkraum Rahmenhandlung. Kunstsprech: PASSAWAYART
Bekanntgabe
Juli 2015 → Die Büchse der Pandora, Prolog zum Werk <Nr61 Kinderleicht>
Nine — One
Kommentar zum Werk Nr61
(stu) Und einmal mehr formuliert der Arzt und Kunstwerker und Moralist und ganz und gar nicht depressive, sondern fast schon eklatant lebenslustige MARA eine Katastrophe absolut implosiven und schleichend klamm heimlichen Charakters von quantitativ und qualitativ vollständig in die Verharmlosung abgedrängter Fürchterlichkeit, denn zahlenmäßig übersteigen die Opfer auf Dauer diejenigen der uns schaudern lassenden und medienwirksamst bis in den letzten Winkel des Globus verbreiteten Terroranschläge. Die Rhetorik des NINE ELEVEN ist Terror, ist bizarr und absolut vereinnahmend. Die Rhetorik unseres NINE-ONE hinwiederum ist unmerklich leise, ist dummdreiste Biederkeit, ist UTILITARISMUS und sie ist derjenigen des Terrors bei weitem überlegen, denn sie ist auf Dauer und unter dem Strich weitaus effizienter und nachhaltiger als dieser. Die mittlerweile einem Virus des kollektiven und mehrheits-demokratischen Bewusstseins gleichende Abtreibungspraxis, die Mara als Formel auf einem harmlos an die Schiefertafel der Jasser erinnernden Tablet und in deren Zählweise, der primitiven Knastmathematik, auf den Punkt gebracht hat, ist insgesamt und menschlich gesehen eine Schande, an der wir alle gewollt oder ungewollt, bewusst oder unbewusst teilhaben.
Gewiss ist es ein Fortschritt und ein Gebot wiederum der Menschlichkeit, wenn es schwangeren Frauen in schwerster und von aussen kaum nachzuvollziehender Bedrängnis ohne allzu viel Einmischung, Moralin und Diktat möglich ist, einen fachgerechten Abort in Anspruch nehmen zu können. Eine Operation, die der betreffenden Frau im übrigen ohnehin mindestens eine psychische Belastung bedeutet, auch wenn damit ein unhaltbarer Zustand beendet sein mag. Allerdings dürfte auch den unaufgeregtesten Durchschnittsbürger und ‑Bürgerinnen das statistisch NINE-ONE, mit dem immerhin ein legalisiertes Todesurteil ausgedrückt ist, insofern verdächtig erscheinen, als es eben offensichtlich dem Weg des geringsten materiellen Aufwandes entspricht und es stellt sich die Frage, ob wir, die Schweizer und Schweizerinnen, ob wir, die wir die Gesellschaft eines in seiner demokratischen Struktur weltweit einmaligen Landes sind, das sich immer wieder lauthals seiner HUMANITÄREN TRADITION rühmt, ob wir genug tun um wenigstens das im Werk Maras verdeutlichte Schreckensverhältnis wenigstens zu mindern. ETHIK hat ihren materiellen Preis und ETHIK hat vor allem auch einen menschlichen Preis, dessen Währung die Zuwendung ist.
Wer mag, kann nun Mara in der in unserem Lande mittlerweile mit Steuergeldern unterstützen Methode der Marginalisierung und Diffamierung in die Ecke der vermeintlich bibeltreuen Literalisten abschieben. Damit schläft es sich dann vielleicht ruhiger — aber das Menetekel NINE-ONE bleibt und es wird sich weiterhin lebensfeindlich und Bewusstsein tötend auswirken.
Und schliesslich sollten wir, die wir einer Gesellschaft angehören, die den apriori dem Leben und nicht dem Tod verpflichteten HIPPOKRATISCHEN EID, den die Ärzte und Ärztinnen stets an ihre ETHISCHE PFLICHT erinnern sollte, abgeschafft haben, uns wieder einmal oder überhaupt einmal fragen, warum wir das getan haben und wie in jedem Krimi finden wir die Lösung anhand der Frage QUI BONO, der Frage WEM NÜTZTS.
Mara, der ja selber Arzt ist, hat die Gnade der frühen Geburt — Mara hat den HIPPOKRATISCHEN EID noch geleistet — und er empfand und empfindet diese Leistung als ein PRIVILEG und nicht als unzeitgemässe, den Betrieb, den Vollzug und den Verdienst hemmende leere Floskel. Wer dies nicht nachvollziehen kann, ist zu bedauern — und zu fürchten.
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