Die weitaus meiste seiner Zeit auf dem Planeten Erde lebte der aufrechte Mensch als Jäger und Sammler in Horden von einigen Dutzend Individuen und vermehrte sich nur sehr langsam. Erst nach dem Schwarzen Tod (Pest 1347–1353) wuchs die Zahl der Menschen immer schneller und gipfelte in der schicksalhaften Bevölkerungsexplosion, die im 19. Jh. mit der Industriellen Revolution ihren Anfang nahm und bis heute anhält (s. Grafik).
Zwischen der ersten und zweiten Milliarde Individuen hat sich die Wachstumsgeschwindigkeit der Menschheit mehr als
VER-SIEBENTAUSEND-FACHT.
Aktuell wächst die Weltbevölkerung täglich (!) um ca. 220’000 Menschen weiter. Das sind 80 Mio pro Jahr!
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*) Weit mehr als eine Million Jahre hat die Gattung Mensch gebraucht, um auf die erste Mia (1800 n. Chr.) Individuen anzuwachsen. Bis zur zweiten Mia (1930 n. Chr.) brauchte es allerdings nur noch 130 Jahre! Für die dritte Mia (1960 n. Chr.) waren es noch 30 Jahre, für die vierte (1974 n. Chr.) und fünfte Mia (1987 n. Chr.) nur noch 14 bzw. 13 Jahre und im Jahre 2011 n. Chr. waren es bereits sieben Mia Individuen (Population Reference Bureau).
Ausbeutung der Ressourcen
Selbst unter der völlig absurden Annahme eines künftigen Nullwachstums bräuchte die Weltbevölkerung heute schon mehr als eineinhalb Mal so viele Ressourcen, wie sie die Erde auf die Dauer bieten kann. Wenn alle so leben würden wie wir hier in der Schweiz, wären sogar 2,8 Erden nötig. (WWF Living Planet Report 2012)
Immer mehr Mehr
Wachstum, Wachstum und noch mehr Wachstum! Das ist die Losung, die wir von Politikern und Wirtschaftsexperten eindringlich und unablässig eingetrichtert bekommen. Wachstum als Garant für Stabilität, Wohlstand, Arbeitsplätze, Hilfe für die Schwachen und zuletzt auch noch als Garant für das angebliche Glücksgefühl. Eurokrise? Staatsschulden? Arbeitslosigkeit? Verteil- und Verdrängungskämpfe? Immer lautet die Losung “Mehr Wachstum”. Und sie wurde sogar zum Gesetz erhoben.
Was die von Zinseszins und Schuldenwirtschaft vor sich her getriebenen Wachstumsprediger allerdings konsequent verdrängen müssen, ist die Tatsache, dass uns diese Strategie früher oder später in den Abgrund treiben wird. Der Schneeballeffekt des geforderten Wirtschaftswachstums und die fortgesetzte Ausbeutung der begrenzten Ressourcen (s.o) werden gänzlich ausgeblendet oder, mit dem Hinweis auf weitere Produktivitätssteigerung, relativiert. Eine Produktivitätssteigerung nota bene, deren hässlichen Folgen längst schon — soll unser Seelenheil nicht schweren Schaden nehmen — ebenfalls verdrängt werden müssen. Massenausschluss, Massenvergasung, bedrohtes Seelenheil, himmlischer Preiskampf und nicht zuletzt die globale Verschuldung um mehr als das Dreifache der globalen Wirtschaftsleistung mit exorbitanter Umverteilung des Vermögens von Unten nach Oben (das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt mehr als die restlichen 99 Prozent zusammen) wären einige beliebige Beispiele hierfür.
Der Club
Bereits im Jahre 1972 hat der Club of Rome in einer Aufsehen erregenden Studie vor den verheerenden Folgen des globalen Wachstums gewarnt. Von dieser Studie wurden über dreissig Millionen Exemplare in dreissig Sprachen verkauft und der Club of Rome bekam 1973 dafür den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Trotz weltweiter Verbreitung der besorgniserregenden Prognosen wurde in der Folge aber insbesondere das grundlegende Problem der Bevölkerungsexplosion weitgehend verdrängt.
Vogel-Strauss-Politik
Eingedenk der Tatsache, dass die Weltbevölkerung weiterhin täglich um eine knappe Viertelmillion Menschen zunimmt, errinnert diese Verdrängung doch sehr an eine Vogel Strauss Politik nach dem Motto WAS ICH NICHT HÖREN WILL, KANN AUCH NICHT SEIN. Entsprechend wird die globale Bevölkerungsexplosion von den meisten Politikern und Ökonomen ausgeklammert und von den Medien kaum erwähnt. Obwohl es — die Wachstumskurve vor Augen — offensichtlich ist, dass das Schicksal der Menschheit grundlegend von der globalen Bevölkerungsexplosion bestimmt sein wird, scheint gerade dieses Thema kein Thema zu sein. Dieses Phänomen wird in der Psychoanalyse (S. Freud) als Verleugnung bezeichnet.
Schweigespirale
Eine weitere erhellende Antwort auf die Frage, warum der zentrale Schicksalsfaktor der Menschheit seit 1972 kollektiv verschwiegen wird, erhalten wir bei Elisabeth Noelle-Neumann in ihrer bemerkenswerten Studie “Die Schweigespirale”: Aus Angst vor Isolation verschweigen die Menschen ihre eigene Meinung, wenn sie glauben, dass eine andere Meinung in der Öffentlichkeit stärker ausgeprägt ist. Gleichzeitig nimmt die Anzahl derer, die sich trauen, eine gegenteilige Meinung überhaupt zu äussern, immer mehr ab. Die Schweigespirale (neudeutsch Political Correctness) breitet sich aus…
Täter und Opfer
Ohne Zweifel, die Zauberlehrlinge scheinen die Kontrolle verloren zu haben über die Geister die sie riefen. Gefangen im Wachstumswahn, der längst zum Wachstumszwang mutiert hat, sind wir gleichsam Täter und Opfer. Wie Lemminge, die sich mit offenen Augen, aber dennoch blindlings über die Klippen stürzen, scheint dieser obskure Vorwärtsdrang nur noch eines zuzulassen: Augen zu und weiter so. Nun ja, psychologisch gesehen sind Wegschauen, Schweigen und trotzige Flucht nach vorne spontan einsetzende menschliche Schutzmechanismen, mit denen wir einer unangenehmen Wahrheit die Aufmerksamkeit, ja sogar den Realitätsstatus entziehen können. Bedrohliche äussere Wirklichkeit kann auf diese Weise als nicht existent verkannt oder durch wunscherfüllende Phantasien ersetzt werden.
«Die Lösung ist immer einfach, man muss sie nur finden»
(Aexander Solschenizyn)
Vor dem Suchen müssten wir uns allerdings eingestehen, dass die verführerische und wunscherfüllende Losung MEHR WACHSTUM nicht die Lösung ist, sondern das Problem. Weit entfernt davon, verdrängen wir stattdessen die beängstigende Wirklichkeit und halten uns mit rosaroten (Alb-) Träumen, einer Flut von Castings und trotziger Flucht in die Konsumtempel bei Laune. Wir beklagen und bewirtschaften (nicht lösen) schon fast bis zum Überdruss die ökologische Seite der Bedrohung, schieben aber das grundsätzlichere Problem der globalen Bevölkerungsexplosion vor uns her. Was denn sonst?
Zwischen der ersten und zweiten Milliarde Individuen hat sich die Wachstumsgeschwindigkeit der Menschheit mehr als versiebentausendfacht
Wir werden suchen
Mag sein, dass es enttäuschend ist, ganz auf sich selbst und seine eigene Verantwortung zurückgeworfen zu werden. Von mir jedenfalls gibt es weder eine Gebrauchsanweisung noch ideologische oder politische Rat-Schläge. Fakt ist, dass die Weltbevölkerung jährlich um 80Mio Menschen wächst und das zinsbasierte Finanzsystem die stagnierende Schuldenwirtschaft gerade an die Wand fährt. Kein Zweifel also, wir werden suchen. Suchen müssen. Unweigerlich. Irgendwann. Nur — wo ein Weg sein soll, muss erstmal ein Wille sein.
Derweil wird mein Alter Ego Mara weiter hinschauen, maulen und trotzig nach vorne kunstwerken, jetzt erst recht. Worauf das jeweils hinausläuft, sehen Sie in der Galerie…
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