Gekrönter Mops Polystein, Grundsockel Holz lackiert, handbeschriftet Grund, 25x25x30cm (LxBxH), © mara 2016
Be-sitzt ein Hund den Grund, ist Grund-besitzer der Hund
„Durch Grundbesitz wurde mehr Geld gemacht als durch alle industrielle Unternehmung“
– Andrew Carnegie, schottisch-US-amerikanischer Stahlmagnat
Werk
Wahre Worte sind nicht immer schön, schöne Worte sind nicht immer wahr. Einmal mehr soll hier im Werkraum Deutung der Sprache auf den Grund gegangen werden ohne Rücksicht auf sprachliche Correctness: Denn streng wörtlich und zahlenmässig genommen ist nun mal der typische Grundbesitzer ein fauler Hund, der seinen Hintern nicht hebt! Sie sind empört (und halten dies für üble Nachrede) – oder leidenschaftlich entflammt (weil endlich mal Klartext gesprochen wird)? <Nr81 Grundbesitzer> ist ein weiteres Schaustück linguistisch eigenwilliger Interpretation des Hochdeutschen, eine Travestie über grundbesitzende Hunde und Grundbesitzer. Kunstsprech: GROUNDSITTING-ART
Zum Werkkommentar
Klassifikation
<Nr81 Grundbesitzer> ist ein Werk aus dem Werkraum Deutung
Bekanntgabe
Juni 2016 → Wie faule Hunde Grundbesitzer werden, Prolog zum Werk Nr81
____________________________
Pustekuchen Herr Hund
Kommentar zum Werk Nr81
von Walter Studer
(stu) Was da in Stammtisch animierender Kalauerei gekrönt vor sich hin protzt, ist dennoch nicht eigentlich pompös sondern geradezu niedlich und putzig und sowieso ungefährlich. Dieser spontan aufs Buffet der bildungs- und kunstfernen Kretis und Pletis zu stellende Jux-Nippes (direkt unter dem röhrenden Hirsch und neben der bunt leuchtenden venezianischen Gondel aus Plastik) kann künstlerischer Ästhetik jedoch nur als ein dem Publikum paradigmatisches Extrakt einer diesem sozial gesehen exotischen Unterschicht zu passe kommen. Denn intellektuelle Erfahrbarkeit eines solchen Objektes, wie es Maras GRUND-BE-SIZENDER-MOPS darstellt, kann nur im Rahmen der elitären splendid Isolation einer sich selbst genügenden und dito befriedigenden Gesellschaft stattfinden — dort, wo man sicher sein kann, seiner werkbezogene Affektion wegen nicht als Primitivling geziehen zu werden und also auch nicht aus dem wohldefinierten und sicheren Rahmen der diesem zuzueignenden Identität sowie aus der damit notwendigerweise kultivierten Inzucht verbannt zu werden. Was eben belegt, dass dieser Nr81 trotz ihrer netten sprachlichen Kongruenz zumindest dann eine durchaus potente Entlarfungs-Sprengkraft innewohnt, wenn man im Stande ist, bzw. sich befleissigt Rahmen übergreifend zu sehen und zu denken.
Die Philosophie solcher Werke, wie Nr81 und so manch ein anderes Werk aus der Manufaktur Maras es sind, besteht nicht in der eitlen Selbstbestätigung, weder zu den Unterschichtis noch zu den bornierten Bildungsaffen zu gehören. Wenn es denn überhaupt eine diesbezügliche “Philosophie” gibt oder geben sollte, ist es die der Demut. Gemeint ist jene Demut, die aus der Einsicht resultiert, dass trotz allem Wissen und aller Bedachtsamkeit, die man hat oder vielmehr zu haben glaubt, man sowohl zu den Einen als auch zu den Anderen und überhaupt irgendwie zu Allen gehört. Dieses Bewusstsein hat nichts beschämendes. im Gegenteil! Es schützt uns vor Beschämung!
Mag sein, dass die Lesergemeinde die bisherigen Ausführungen als Überbau empfindet und spätestens jetzt einen inhaltsanalytischen Kommentar erwartet, bei dem die politische Aussage — die es natürlich ganz offensichtlich gibt — in auffächernder Form dargelegt wird.
PUSTEKUCHEN! Die Aussagen sind derart offensichtlich, von Mara in seinem Prolog schon angesprochen und im übrigen in spielerisch-lustvollem Assoziieren selbst zu gewinnen, dass ich mir ebenso lustvoll ein jegliches Wasser-in-den-Rhein-Schütten schenken kann.
Nur köcheln Sie sich kein links- oder rechts- oder grün- oder evangelikal- oder wie auch immer ideologisch gewürztes Süppchen zurecht — halten Sie sich an das dem Werk Nr81 immanente Motto GRÜNDLICH. GRÜNDEN Sie im eigenen GRUND und BEGRÜNDEN Sie Ihre diesbezüglichen Assoziationen im VOLLBESITZ Ihrer Fähigkeiten. Überhaupt muss ohne Egoismus gelten: seihen Sie sich und der Welt nie GRUNDLOS! Erwarten Sie dennoch oder gerade deswegen keine Ergebnisse zum BESITZEN oder zum BESETZEN. Bedenken wir, dass die Frucht des Denkens stets das Denken selbst und das Denken ansich ist. Dies gilt auch für die Empfindung, für das Menschsein überhaupt, deren Lohn wiederum die Empfindung und das Menschsein selbst sind — keines der drei ist ein Zustand, jedes der drei ist ein Prozess.
Anstelle meiner oben verworfenen kommentierenden Analyse zum Werk Nr81 schildere ich meine erste Assoziation dazu. Dabei handelt es sich um eine kleine anekdotisch-historische Begebenheit, die mir bezeichnend und lehrreich genug erscheint, so dass mir allein schon von daher keine weitere Ausdeutung zur Nr81 nötig erscheint:
Der Literat ALESSANDRO MANZONI (1785 — 1873) dessen Hauptwerk, der Roman I PROMESSI SPOSI auf deutsch DIE VERLOBTEN bzw. DIE BRAUTLEUTE, ein prägendes Werk der italienischen Literatur darstellt, das auch der Weltliteratur zugezählt wird, gilt — insbesondere wieder mit I PROMESSI SPOSI — auch als der Vater der italienischen Hochsprache — die schliesslich in etwa dem bereinigten Toskanischen bzw. Florentinischen Dialekt des 18. und frühen 19. Jahrhunderts entspricht. Dieser aus der italienischen Nobilität der Grossgrundbesitzer stammende Mailänder Dichter berichtete über seine Jugendjahre in der nördlichen Lombardei in BARZO in VALSASSINO, wo seine Familie Ländereien mit etlichen zugehörigen Dörfern besass. Seine Adligen Vorfahren, so erzählt er, hätten ein ausserordentlich autoritäres Regime über Land und Leute ausgeübt. Dazu gehörte, das die quasi leibeigene Bevölkerung der Bauern dieser Baronie gezwungen wurden, vor dem Hund des Barons, einem gefürchteten Mastiff ehrerbietig den Hut zu ziehen, und sich mit den im harten Berglerdialekt gesprochenen Worten RIVERISSI SCIUR CAN auf deutsch etwa HABE DIE EHRE HERR HUND zu verneigen.
Ich meine unbedingt, dass diese Ehrerbietung gegenüber den Hunden der Grossgrundbesitzer im 21. Jahrhundert, im beginnenden 3. Jahrtausend nach Christus endlich aufhören muss. Maras Werk Nr81 ist das geeignete Memento dazu. In diesem Geist und Sinne: PUSTEKUCHEN HERR HUND!
Juni 2016, W. Studer
_______________________
zurück zum Werk